China

China ist vor Ort anders als dass es der pauschalen Meinung vom bösen Chinesen entsprechen würde. Da gibt es doch Unterschiede, die vielleicht darin begründet sind, dass man eher das Negative aus dem Land präsentiert – oder die Entwicklung in China insgesamt als negativ darstellt. 1,3 Milliarden Chinesen müssen entwickelt und getaktet werden. Keine leichte Aufgabe, denn das Volk will eins: Wohlstand.

Hingegen sind Eindrücke – im Urlaub gewonnen – immer subjektiv. Aber ist der Fotograf nicht in der Lage abseits der Touristenpfade das Leben in einem fremden Land zu dokumentieren – unbewertet? Und sind alle 1,3 Milliarden Chinesen in der Lage zu jeder Zeit dem fremden Fotografen die heile Welt vorzuspielen? Werden ungeliebte „Ecken“ im Land perfekt versteckt – oder kann man die besuchen?

Interessant war die Erfahrung, dass man sich eher frei im Land bewegen kann, sofern es der vorgegebenen Route im Visum entspricht. So gibt es nach den wenigen Erfahrungen des Fotografen keine Gasse oder Straße, wo man nichts zu suchen hätte.
Die Herausforderung ist eher, dass man diese Ecken findet – sie befinden sich in keinem europäischen Reiseführer – und so hilft oft nur ein „Insidertip“.


Shanghai – ca. 23 Mio. Einwohner in 2019

Shanghai verblüfft zunächst mit seinen Dimensionen, die mit einer Kamera nicht erfassbar sind. Riesige Verkehrsströme sind zu lenken, sei es öffentlich oder privat. Hinzu kommt eine Armada von Elektrorollern, die ihren Platz auf den mehrspurigen Straßen innerorts zugewiesen bekommen haben. Elektromobilität in China für Millionen geübte Praxis. Staus? Gibt es, aber nicht so wie erwartet – da erscheint der Verkehr im Ruhrgebiet mit lächerlichen 10 Millionen Einwohnern im Vergleich eher chaotisch. Man sieht in Shanghai keine Großbaustellen im Innenstadtbereich, die den Verkehr behinderten – dennoch werden per plug-and-play Wohnblöcke für je 2000 Menschen an die öffentliche Versorgung angeschlossen – alles längst vorgeplant, weit nach vorne gedacht – das macht den Chinesen u.a. aus. Kulinarisch schwankt man in den Städten zwischen billigem Fastfood und leckerster Garküche. Eigentlich sieht es so aus, als könne man einfach alles essen.
In den Städten wird der öffentliche Raum flächig mit Kameras überwacht. Die Kamera lügt nicht – ist das gut?


Suzhou – ca. 11 Mio. Einwohner in 2019 – Nachbarstadt von Shanghai

Suzhou ist per Schnellzug in ca. 30 Minuten von Shanghai aus erreichbar. Die Entfernung beträgt knapp 100 km.
Die Bahnhofshalle in Shanghai erinnert an ein Abflugterminal einer Großstadt. Vor Ort sollte man sich entscheiden: Kanäle, Parks und Altstadt oder setzt man ein Tilt-shift-Objektiv in der Neustadt ein. Suzhou hat kein geringeres Ziel, als das höchste Hochhaus von Shanghai zu überbieten. Suzhou fällt auf durch weniger Touristen und einer sehr lauten Kulisse, die dem Konsum dient. Wie will man dem Kunden klar machen, dass die eigene Ware – hundert Mal woanders zu haben – die beste sei? Durch Lautsprecher, Musik und Animationsgebrüll.
Die schöne Seite der Stadt: ihre Kanäle, Streetlife, die Museen und Parks – die Kamera wird nicht kalt.


Wuxi – ca. 7 Mio. Einwohner in 2019 – Nachbarstadt von Suzhou

Wuxi hat ähnliche Sehenswürdigkeiten wie Suzhou in Bezug auf Altstadt, Kanäle und Parks. Daher könnte es Sinn machen die Kamera in einen Fantasie-Park der Superlative eintauchen zu lassen. Was der Staat seinen Menschen hier gebaut hat, mag dem Volksgeist entsprechen, wenn es um die Verehrung Buddhas geht. Auf jeden Fall spielte Geld keine Rolle. Und so hat man unweit eines flachen Sumpfsees einen ganzen Hügel mit verschiedensten Pallästen und Figuren bebaut, die harmonisch in die (restliche) Natur eingefügt wurden. Das Ergebnis ist beeindruckend. Und das arbeitsame Volk braucht einen Ort der Entspannung 30 km fern der Stadt im Grünen.


Guilin – eine Kleinstadt mit knapp 1 Mio. Einwohner am Lijang

Guilin ist eine Stadt mit Eigenleben abseits des Tourismus – auch wenn der Lijang mit seinen Schluchten Hunderttausende Touristen jährlich anlockt und zur 40 km – Bootsfahrt einlädt. Die Parks der Stadt sind alle sehenswert – und alle dienen den Einheimischen als Erholungsort und als Stätte des Sports. Das ungezwungene Leben in den Parks bietet eine schöne Atmosphäre für Fotos. Guilin ist klimatisch nicht immer auf der Seite des Fotografen – es gibt Rauch, kalten Dauerregen oder schwüle, dunstige Hitze – aber es gibt auch gutes Wetter – man muss Geduld haben. Klare Luft und Sonne wären für die Schifffahrt eigentlich ein „must have“. Schlechteres Wetter lädt zum Bummel entlang des Lijang ein – man sieht viele Lebensräume, die denen entsprechen, die wir in Europa vor 100 Jahren kannten. Die Menschen stehen vor dem Wandel, hat seine Regierung doch Wohlstand für alle ausgerufen – das geht nicht ohne drastische Veränderungen . . .


Sanya – ca. 1 Mio. Einwohner auf der Halbinsel Haynan, südchinesisches Meer

Sanya befindet sich im tropischen Klima und lockt somit immer mehr Touristen an – teilweise aus dem tiefsten Russland. Flughäfen werden ausgebaut, neue Städte entstehen – erklärtes Ziel: Größte Ferieninsel mit den besten Annehmlichkeiten weltweit. Der Umbruch kann überall dokumentiert werden; die Insel ist ein Tummelplatz für angesehene Architekten. Die Strände sind schön, die Infrastruktur stimmt, nun müsste man nur schwimmen können. KAMERAS: Panasonic Lumix FZ 1000, G5. Mft.


Praktisch wird man bald von Haynan bis nach Tibet mit dem Schnellzug reisen können. Dabei liegen die landschaftlichen Highlights ebenso weit auseinander wie z.B. in den USA. Allerdings könnte man die kulturelle Vielfalt in China als älter und vielfältiger bezeichnen. Und so macht es hier Sinn, viel mehr Zeit einzuplanen und vielleicht doch eine hochwertige Kamera mitzunehmen. Gekrönt würde der Aufenthalt durch einen ortsansässigen Chinakenner, der Hintergründe lieferte.

Reisen sollte immer in beide Richtungen gehen: hierzulande werden asiatische Reisegruppen oft als „lästig“ empfunden, vielleicht auch deshalb, weil man zugeben muss, dass der Wohlstand in China wächst. Zum anderen öffnet der Blick in China selbst vielleicht eine neue Sichtweise. Ob China seine erklärten Ziele inklusive Umweltschutz und Nachhaltigkeit erreichen kann, werden wir erleben. Ob Europa sie erreichen kann, wird China nicht erleben – in Europa diskutiert man zu lange.

China boomt dermaßen, dass man sich die Städte nach 10 Jahren gleich noch einmal anschauen müsste. 10 Jahre benötigt man in Mitteleuropa für den Entscheidungsprozess für z.B. eine Umgehungsstraße – in dieser Zeit baut China eine Stadt für vielleicht
1 Mio. Einwohner – weil die Wohnungen gebraucht werden, nicht um die Natur zu zerstören. Die Landbevölkerung wird in der hohen Anzahl überhaupt nicht mehr benötigt – man benötigt aber Arbeitskräfte in der Stadt. Und Konsumenten.


Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung